Life is Strange: Double Exposure Test: Comeback-Qualitäten? - CHIP Level Up (2024)

Life is Strange = Maxine Caulfield. Diese einfache Formel hat sich bei zahlreichen Fans der Adventure-Serie einfach eingeprägt. Kein Wunder also, dass bei der Enthüllung von Life is Strange: Double Exposure weniger das eigentliche Spiel, sondern die Protagonistin im Vordergrund stand. Im neuesten Teil der Reihe schlüpfen wir nämlich wieder in die Haut der Person, die wir im ersten Spiel – im Original quasi – schon begleiten durften. Hier verrate ich euch, ob die Rückkehr von Max gelungen ist – oder ob der Double Exposure Test am Ende doch in nostalgischer Verklärung versumpft. Im letzten Abschnitt des Artikels gehe ich dann noch kurz auf die verbleibenden drei Kapitel ein, die ich zeitversetzt spielen konnte.

Als das erste Life is Strange 2015 auf den Markt gekommen ist, war das Spiel ein beachtlicher Überraschungserfolg. Es erzählt die Geschichte von Maxine Caulfield, einer Schülerin der Blackwell Academy, die herausfindet, dass sie übernatürliche Fähigkeiten besitzt. So kann sie nämlich die Zeit zurückdrehen – nicht nur sprichwörtlich, sondern tatsächlich. Und so begleiten wir die Foto-Enthusiastin durch ihre spannende Geschichte und erleben ihre Beziehung zu den Mitschülern und insbesondere der besten Freundin Chloe Price. Chloe hat kurz danach noch einen eigenen Ableger – Before the Storm (zum Test) – bekommen.

Nach zwei Fortsetzungen mit komplett anderem Setting und anderen Charakteren – Life is Strange 2 sowie Life is Strange: True Colors (zur kurzen Einschätzung) – jetzt also die 180-Grad-Wende und die Rückkehr zu den Wurzeln. Square Enix vermarktet Double Exposure als neues Mystery-Abenteuer mit Max Caulfield und ist sich offenbar sehr wohl bewusst, wie wichtig Max für Fans der Serie nach wie vor ist.

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Double Exposure Test: Ein schönes Wiedersehen

Die Kernelemente, die bei einem Adventure die Spreu vom Weizen trennen, sind Story, Dialoge und Rätsel – alles andere ist eigentlich ziemlich untergeordnet. Und hier wurde ich in den ersten beiden Kapiteln auf einem ziemlich hohen Niveau gut unterhalten. Die Geschichte hat ein gutes Fundament mit liebenswerten und glaubwürdigen Charakteren; das Setting – eine Universität im US-Bundesstaat Vermont – ist ein logischer und sinnvoll gewählter Nachfolger zur Blackwell Academy. Auch Max‘ Rollenwechsel von Studentin zur Dozentin spiegelt den zeitlichen Sprung gut wider.

Wer Life is Strange gespielt hat, wird sich daran erinnern, dass das Abenteuer nicht unbedingt „positiv“ ausgeht, sondern – egal welches Ende man auch trifft – fatale Folgen hat. Diesen roten Faden nimmt Double Exposure auf und garniert allerlei Nebenaspekte der Story damit. Max‘ beste Freundin Chloe wird auch immer wieder eingebaut – innerhalb der ersten beiden Kapitel zwar nicht persönlich, aber immerhin in Form von Erinnerungen und Nachrichten, sofern die für letzteres die Voraussetzungen erfüllt sind. A propos Nachrichten: Max‘ Smartphone spielt eine zentrale Rolle, denn dort verfolgen wir die Entwicklungen unserer Bekanntschaften im Social-Stream und kommunizieren in einer Nachrichten-App. Zusätzlich dazu gibt mir ein automatisch erstelltes Tagebuch allerlei Hintergrund-Informationen.

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Mysteriöse Begebenheiten in Vermont

Die ersten beiden Kapitel von Double Exposure dienen der Spannungskurve. Zu Beginn werde ich – in der Rolle von Maxine Caulfield – damit konfrontiert, dass eine gute Freundin tot aufgefunden wird. Auf der Suche nach Erklärungen beginne ich schließlich nachzuforschen. Wie konnte es dazu kommen? Was genau ist auf dem Aussichtspunkt passiert, wo ich die Leiche gefunden habe? War es Mord oder gar Suizid? Dort wo Muster, Motive und Beweise fehlen, finde ich schließlich zurück zu meinen übernatürlichen Fähigkeiten.

Diesmal muss ich mich aber damit beschäftigen, was es heißt, ein Teil von verschiedenen Realitäten zu sein. Denn statt – wie in Life is Strange – die Zeit zurückdrehen zu können, kann Max an bestimmten Stellen der Spielwelt zwischen zwei Realitäten wechseln. Praktischerweise ist meine Freundin in der alternativen Zeitlinie noch am Leben. Da Max zudem Gegenstände und Erkenntnisse mitnehmen kann, ergeben sich allerlei tolle Möglichkeiten für Rätsel. Denn wenn mir in der „echten“ Zeitlinie ein Schlüssel für eine Aktentasche fehlt, suche und finde ich ihn in der „Alternative“.

Irritiert war ich von der Tatsache, wie beliebig Max das alles hinnimmt. Klar, dank der Ereignisse aus dem Original überrascht sie das Übernatürliche nicht mehr. Aber mal eben eine komplett neue Fähigkeit zu erlangen, sorgt kaum für Erstaunen oder Ängste, die man hier so wunderbar hätte darstellen können. Deshalb bekomme ich auch immer wieder das Gefühl, dass Deck Nine zu schnell durch die Geschichte hetzen muss, um die gesamte Mystery Story in einem definierten Zeitrahmen zu erzählen. Es bleibt wenig Zeit, Charaktere und Setting zu entwickeln und die Verwirrungen der Umstände adäquat zu beschreiben. Sich auch mal Zeit für Aspekte zu lassen, die nicht 1:1 auf die Detektiv-Arbeit einzahlen. Den selben Eindruck hatte ich schon bei Before the Storm, wo die gleichen Entwickler viel zu schnell durch die Handlung geprescht sind und viel zu viele erzählerische Möglichkeiten liegenlassen haben.

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Double Exposure Test: Bekannter und beliebter Look & Feel

Double Exposure ist auf den ersten Blick als ein Teil von Life is Strange zu erkennen. Das liegt zum einen an der grafischen Darstellung – der gezeichneten, aber trotzdem realitätsnahen Optik. Im Laufe der Zeit wurde die genutzte Unreal-Engine natürlich verfeinert und optimiert, weshalb Max Caulfield im Vergleich zum ersten Teil auch deutlich detaillierter und ausgearbeiteter aussieht. Leider gilt das aber nicht unbedingt für alle Charaktere. Im Laufe der Geschichte treffen wir auf Moses Murphy, ein guter Freund von Max, sieht seltsam verzerrt und viel weniger glaubwürdig aus.

Gerade weil Moses zusammen mit Max immer wieder in Cutscenes mit entsprechenden Closeups zu sehen ist, fällt die Diskrepanz zwischen den beiden Modellen unangenehm auf. Unwichtige Figuren, die beispielsweise in den Levels einfach rumstehen, wurden mit noch weniger Detail-Liebe geformt. Mich haben sie mehr an Sims-4-Figuren erinnert als an moderne Polygon-Modelle. Das stört aber viel weniger, weil ich an denen meist eh nur vorbeilaufe ohne ihnen große Aufmerksamkeit zu widmen.

Dafür ist der Soundtrack wieder mal spitze. Hier haben die Verantwortlichen ein gutes Händchen und untermalen Situationen mit passenden Stücken aus der Pop-Musik. Dazu gehört auch eine ziemlich eindrückliche Szene gleich zu Beginn, wenn Max das Observatorium verlässt, ihre Ohrhörer anlegt und die tolle, verschneite Umgebung auf sich wirken lässt. Ähnlich zum Intro von Life is Strange genieße ich Kamerafahrten über die Szenerie, die von einem ruhigen Song begleitet werden. Ein weiteres Highlight sind die Sprecher – sowohl im Englischen als auch im Deutschen. Sie geben den Charakteren Kontur, haben ihren eigenen Stil und bleiben immer authentisch – genau so muss das sein.

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Was passiert in den verbleibenden Kapiteln?

Mittlerweile hatte ich die Möglichkeit, die ausstehenden drei Kapitel zu spielen und mir ein rundes Bild zum Spiel zu machen. Um es kurz zu machen (und auch möglichst wenig zu spoilern): An meiner grundsätzlichen Einschätzung nach der Preview der ersten beiden Kapitel hat sich nichts geändert. Daher könnt ihr davon ausgehen, dass die Eindrücke zuvor nach wie vor ihre Gültigkeit haben.

Tatsächlich bewahrheitet sich sogar eine Befürchtung, die ich nach den ersten beiden Kapiteln hatte. Deck Nine beginnt – wieder einmal – auf das Gaspedal zu treten und hetzt durch die Story ohne nach links oder rechts zu blicken. Insbesondere die letzten beiden Kapitel flitzen in gefühlten Minuten über den Schirm. Und all das auch, weil der Grund für einen dritten Max-Caulfield-Ableger bereitet wird. Blickt man nämlich auf das Ende von Double Exposure, lässt dies nur einen Schluss zu.

In der Retrospektive – und weil ich nach dem Finale die ersten beiden Kapitel nochmal gespielt habe – wirkt gerade der Anfang viel gemächlicher und entschleunigt gegenüber meinem Ersteindruck. Das liegt aber eben vor allem daran, weil die Entwickler die Story-Geschwindigkeit danach so enorm anheben und somit einen anderen Benchmark über die gesamte Geschichte setzen. Immerhin sind die letzten Spielstunden insgesamt gut gelungen, sodass ich das Gesamtwerk empfehlen kann – sofern euch die Prämisse von Life is Strange generell zusagt.

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Life is Strange: Double Exposure Test-Fazit: Für Story-Freunde

Life is Strange: Double Exposure ist ein insgesamt gelungenes Abenteuer mit einem klaren Fokus auf Story. Anders als in anderen Adventures werdet ihr hier nicht besonders herausgefordert und stattdessen unterhalten. Es gibt zwar Rätsel und einige Kombinationaufgaben – in aller Regel ist die Lösung aber entweder sehr offensichtlich oder kann durch sorgsame Recherche gut und schnell gefunden werden. Im Vordergrund steht die Mystery-Story rund um Max, ihre Kräfte und die daraus resultierenden Konsequenzen. Und hier macht das Deck-Nine-Spiel einen guten Job.

Zwiegespalten bin ich bei der Technik. Ich mag den Stil von Life is Strange und finde es toll, dass die Entwickler diesen konsequent beibehalten. Allerdings empfinde ich es als zu wenig, einfach nur die allerwichtigsten Charaktermodelle aufzuhübschen und den Rest zu vernachlässigen. Ein bisschen mehr Liebe zur Detaildichte wäre schon schön gewesen. Da das Spiel ja nicht auf PS4 und Xbox One erscheint, gibt es auch keinen Grund, das nicht zu machen.

Zuletzt will und muss ich erwähnen, dass Double Exposure – angesichts des Endes – fast schon wie ein Prolog in eine neue Reihe Adventures mit Max Caulfield wirkt. Das war nicht zu erwarten und wurde so vom Publisher auch nicht kommuniziert. Wer sich eine runde Geschichte mit befriedigendem Abschluss erhofft, wird vertröstet. Für mich ist das per se kein Kritikpunkt, denn ich freue mich auf weitere Spiele mit Max als Protagonistin. Eine klare Message von Square Enix wäre dabei aber schon notwendig gewesen.

Wertung (PS5-Version)
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Life is Strange: Double Exposure

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Life-is-Strange-Fans dürfen sich auf die Fortsetzung der Geschichte von Max Caulfield freuen. Die Entwickler bleiben ihrem Stil treu, bringen einige frische Ideen und verpacken alles hübsch in eine spannende Geschichte. Gut gemacht.
Entwickler: Deck Nine
Publisher: Square Enix
Sprache (Ton): Deutsch, Englisch, Französisch, Japanisch
Sprache (Text): Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Italienisch etc.
Plattformen: PS5, Xbox Series X|S, PC

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    Florian Holzbauer

    Florian war viele Jahre Teil der CHIP-Redaktion und hat bereits zahllose Spiele getestet. Mittlerweile verantwortet er als Product Owner die Kaufberatungs-Produkte von CHIP. Als leidenschaftlicher Bastler ist der PC sein Plattform-Favorit, worauf er am liebsten Action- und Rollenspiele zockt.

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